Nicht allein im Boot

Manchmal beginnt es harmlos. Ein kurzer Blick aufs Handy – und schon zieht uns die Nachrichtenflut hinein: Kriege, Krisen, Katastrophen. Ein Artikel führt zum nächsten, ein Kommentar macht wütend, eine Schlagzeile lässt uns verzweifeln. Neuerdings gibt es dafür sogar einen Begriff: Doomscrolling.

Wir scrollen weiter, als wäre es unsere Pflicht, informiert zu bleiben. Doch irgendwann merken wir: Es zieht uns hinab. Wir fühlen uns ohnmächtig, verloren in einer Welt, die nur noch aus Sturm zu bestehen scheint. So müssen sich die Jünger im Boot gefühlt haben.

Plötzlich tobt ein Sturm um sie herum. Die Wellen schlagen ins Boot, der Wind heult, die Angst wächst. Was hätten sie heute getan? Vielleicht hätten sie ihre Handys gezückt, nach »sichere Häfen in Sturm-gefahr« gesucht und in sozialen Medien gepostet: »Wir sitzen hier im Sturm, und Jesus schläft! #Angst #Hilfe #GehtEsJetztZuEnde?« Der Algorithmus hätte ihnen immer neue Katastrophen vorgeschlagen, die Angst wäre gewachsen.

Zum Glück sind die Jünger aber nicht allein im Boot. Sie sind mit Jesus unterwegs, der offensichtlich gegen Doomscrolling immun ist und seelenruhig schläft. Doch dann handeln sie: Sie lassen sich nicht von der Angst überwältigen, sondern bitten Jesus um Hilfe. Und er handelt. Er steht auf, gebietet dem Chaos Einhalt: »Schweig! Sei stilll« Und der Sturm legt sich.

Ich glaube, wir lassen uns oft vom Negativen mitreißen, ohne innezuhalten und ohne Einhalt zu gebieten. Doomscrolling gibt uns das Gefühl, informiert, aber ohnmächtig zu sein. Da gibt es einen Ausweg: aktiv entscheiden, was wir in unser Leben lassen – digital und in Gesprächen. So wie die Jünger können auch wir den Kreislauf der Negativität durchbrechen. Wir können das Handy weglegen, wenn es zu viel wird, und uns in Gesprächen bewusst für konstruktive Themen entscheiden.

Die Welt wird nicht besser, wenn wir uns von der Angst lähmen lassen. Aber wir haben es selbst in der Hand: Wir können die Richtung ändern, in die wir schauen. Wenn wir uns nicht mehr nur in der Negativspirale verlieren, sondern aktiv auch nach den guten Nachrichten suchen, schaffen wir Raum für Hoffnung. Wenn wir uns Verbündete holen, wie die Jünger im Sturm, dann müssen wir den Sturm auch nicht alleine durchstehen. Gemeinsam ist es leichter, die Möglichkeiten zu erkennen, aktiv die Zukunft mitzugestalten.

Bei der Bundestagswahl können wir unsere Stimme für eine Politik abgeben, die nach Wegen sucht, die Welt besser zu machen, statt sich in der Angst vor Krisen zu verlieren. Am Ende geht es nicht darum, nur dem nächsten Sturm zu trotzen – es geht darum, wie wir uns gemeinsam auf den Weg machen. Denn eines ist sicher: Wir sind nicht allein in diesem Boot.

Pfarrerin Antje Armstroff, Ulrichstein

GEDANKEN ZUM SONNTAG, erschienen am Samstag, 22. Februar 2025 im Lauterbacher Anzeiger und im Kreisanzeiger