1+1+1=1

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Mit diesen Worten beginnt jeder Gottesdienst, jede Andacht, jede Trauerfeier. Immer, wenn wir uns im Namen Gottes versammeln, dann machen wir deutlich, in wessen Namen wir dies tun: des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dass Gott 3 in 1 ist, das versuchen Begriffe wie Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit zu erklären. Oder: Trinität, wie der Sonntag nach Pfingsten auch heißt.

Manche bringt diese Vielfalt ins Schwitzen. Wie soll man erklären, dass Gott drei Personen in einer ist? Wie kann man Vater, Sohn und Heiligen Geist zusammenbringen? So manche Diskussion wird besonders hitzig, wenn darauf hingewiesen wird, dass diese Begriffe doch sehr von einer männlichen Sichtweise bestimmt sind. Und zumindest für den Geist gibt es gute Gründe, nach einem Begriff zu suchen, der den Horizont etwas weitet. Denn der Geist, der schon in der Schöpfungsgeschichte dabei war und dort, auf Hebräisch, „Ruach“ heißt – ist weiblich. Übrigens auch im Aramäischen, in der Sprache, die Jesus gesprochen hat.

Aus diesem Grund gibt es Menschen, die vorschlagen, den Begriff „der Geist“ durch „die heilige Geistkraft“ zu ersetzen, um wenigstens annähernd anzudeuten, dass Gott in seiner Vielfalt auch eine weibliche Seite hat. Solche Diskussionen sind für andere wiederum ein rotes Tuch: Gott Vater und Sohn sind nun mal männlich, und „der heilige Geist“ steht so in unserer Bibel. Basta. Ich finde es immer schade, wenn Fragen und Denkanstöße im Keim erstickt werden. Oft lohnt es sich, auch andere Blickwinkel zuzulassen und neue Denkmuster auszuprobieren. Zum Beispiel der Hinweis, dass schon ganz am Anfang der Bibel steht, dass Gott mehr als nur eine männliche Seite hat. „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“ (1. Mose 1,27) Wenn Männer und Frauen Gottes Ebenbilder sind – dann scheint das Männliche wie auch das Weibliche wesentlicher Bestandteil Gottes zu sein. Und vielleicht noch mehr.

Gott gibt sich also von Anfang an größte Mühe, uns in Vielfalt zu begegnen. Mit männlichen und weiblichen Anteilen. Er begnügt sich nicht damit, nur der Vater im Himmel zu sein. Gott wird Mensch, und zwar ganz, mit Haut und Haaren. Er schenkt sich nichts. Er kommt unter armseligen Bedingungen auf die Welt. Er stirbt am Kreuz. Und zwischen diesen Eckpunkten seines irdischen Lebens hat er Begeisterung entfacht. Für Gott und sein Reich. Damit diese Begeisterung nicht aufhört, sondern immer wieder frischen Wind bekommt und neu entfacht wird, schickt er seine Ruach. Seinen Atem, seinen Hauch, seine Geistkraft.

Ich glaube, wie wir auch immer nennen, was Gott uns schickt: In Worte können wir es sowieso nicht fassen. Weil Gott sich nicht fassen lässt. Er ist immer größer, als wir denken und uns ausdrücken können. Also lassen wir doch den Geist der Freiheit wehen – vor allem dort, wo Menschen darauf aufmerksam machen, dass ihnen etwas fehlt. Dass ihnen ein anderer Aspekt wichtig ist.

An Pfingsten haben wir gerade erst gefeiert, dass sich Menschen auch über verschiedene Sprachgrenzen hinweg verstehen. Ich wünsche mir, dass wir uns dieses Verständnis, diese Vielfalt von Pfingsten bewahren – wie wir auch immer diesen Geist oder diese Geistkraft nennen, die uns verbindet, die Leben schafft, die uns begeistert und beflügelt.

Ihre Pfarrerin Antje Armstroff, Ulrichstein